Christoffel der Reisläufer
Im Jahr 1477 herrscht Hochstimmung unter den Eidgenossen. Man hat Karl von Burgund besiegt, dem die Geschichtsschreiber späterer Jahrhunderte den Beinamen „der Kühne“ geben sollten. In ihrem Übermut machte sich eine Schar von rund 1700 aus der Zentralschweiz auf den Weg nach Genf, wo man noch eine Rechnung offen hatte. Dummerweise lagen auch verbündete Städte auf dem Weg dorthin, welche den Heldenmut des Saubannerzuges, wie er genannt wurde, wohl oder übel honorieren mussten. Genf seinerseits konnte den Besuch der Edlen noch rechtzeitig abwenden, indem man jedem zwei Gulden gab und für freie Getränke sorgte.
Wenn Sie einmal einen Landsknecht zu Besuch haben sollten, will ich Ihnen einen guten Rat geben: Seien Sie freundlich und zuvorkommend. Fragen Sie ihn, ob er wohl wisse, woher wohl die schwarzen Flecken wären, die Sie seit kürzlich am ganzen Körper bekommen würden. Er sei ja schon weit und breit durchs Land gekommen, da erfahre man ja so allerhand.
Sie müssen ihm ihre Flecken nicht einmal zeigen, die wird er sowieso nicht sehen wollen. Der ist vorher weg. Sonst aber wird er sich zusammen mit den anderen Kriegsgurgeln an Ihren Tisch setzen und Ihre Vorratskammer leerfressen. Wenn er sich anderntags den Rausch von Ihrem letzen Bier aus seinem mürben Schädel geschlafen hat, schaut er sich bei Ihnen um und macht erst mal gehörig den Sackmann, bevor er geht und Sie Ihre Tochter im Wald holen können.
Wir Schweizer sind da natürlich anders. Wir sind Helden, freie Gesellen, die innerhalb unserer Landesgrenzen keiner Menschenseele etwas zu Leide tun – ausser, wenn wir hungrig sind, oder wenn es gute Beute heimzuholen gilt, oder wenn uns jemand ärgert.
Hörbeispiele
Eyn liet vum strît ze Sempach 1386.mp3